Steckt Freiheit im exzentrischen Leben – oder ist das nur ein Mythos?
Innere Freiheit zeigt sich in so Vielem, im Kleinen und im Großen. Für Dich persönlich dürfte es völlig egal sein, wie sich Deine Freiheit zeigt – solange Du Dir sicher bist, dass sie da ist. Alles andere mag auch eine sehr persönliche Sache sein, eine Frage der eigenen Persönlichkeit, des Charakters usw.
Für mich ist Exzentrik eine spannende Form der Freiheit. Und so wir sie kennen, oder sie uns im Allgemeinen vorstellen, geht mit Exzentrik auch immer etwas Schrilles und Buntes einher.
Doch Exzentrik ist so viel mehr. Und das Gefühl, das sich im Ausleben der eigenen Exzentrik ergibt, scheint etwas wahnsinnig Befreiendes zu haben. Für die Person selbst. Nicht für andere.
Aber genau darum geht es eben auch nicht. Exzentrik ist einzig und allein für die Person selbst, die diesen einen besonderen Lebensstil lebt.
Natürlich kann niemand behaupten, dass gewisse exzentrische Persönlichkeiten nicht auch eine ganze Menge Aufsehen erregen. Aber das wirklich Erfrischende und wirklich Lebenswerte ist, dass es kein Ego-getriebenes oder Marketing-getriebenes künstliches „So sein“ ist, sondern eines, dass wirklich aus tiefstem Herzen kommt. Der Exzentriker & die Exzentrikerin können einfach nicht anders wenn sie erstmal losgelegt haben. Dass sie dadurch auch auffallen können, ist eher ein Nebeneffekt.
Exzentrik? Das ist doch nur was für Künstler?!
Wenn Du an einem Punkt angelangt bist, an dem Du Dich nicht mehr äußeren Autoritäten beugen musst oder zumindest mal anfängst, sie kritisch zu hinterfragen, dann kommt Dein Wunsch nach Freiheit langsam an die Oberfläche. Was ist Deine Freiheit? Deine persönliche Vorstellung davon?
Und wann lässt Du sie zu? Und wie? Was bremst Dich? Und warum?
Konventionen halten uns zurück. Konservative Erziehung, der Ernst des Lebens, ein konventionelles Leben, das Anpassung verlangt. Nicht jeder Mensch, der die Saat von Exzentrik in sich trägt kann sie entfalten (oder traut es sich). Genieße also, wenn Du Dich der Kunst gewidmet hast. Dort ist Exzentrik herzlich willkommen – wird sogar ein bisschen erwartet.
Aber es gibt sie, die stillen Exzentriker. Sie sind in sämtlichen Berufen vertreten und fallen natürlich nicht auf. Weil sie nicht können, genauer, weil sie denken sie können nicht. Sie wissen irgendwie um diese versteckte Saat, aber sie erlauben ihr nicht zu gedeihen. Vielleicht später? In der Rente? Nach der Scheidung? Wenn die Kinder aus dem Haus sind? Wenn ich im Lotto gewonnen habe?
Berechtigt. Denn Exzentrik ist nichts womit man seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Also nicht per se. Im Gegenteil kann sie natürlich im klassischen Beruf auch fehl am Platze sein – gemäß unserer allgemeinen Definition von normal, nicht auffallend, den Konventionen folgend.
Eigentlich schade. Jeder Termin bei der Bank oder in einer Behörde wäre spannend. Möglicherweise jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Das liegt an der Natur eines frei lebenden Exzentrikers – meistens.
Fakt ist, wenn Du erstmal Blut geleckt hast, wenn Du feststellst, dass es nicht weh tut, sondern wohltuend ist, dann gibst Du dieser Freiheit eine Chance. Du musst Deinen Ruf nicht ruinieren, denn wahrscheinlich ruinierst Du ihn gar nicht.
Die Menschen könnten Dich einfach nur anders betrachten. Und das ist gut. Denn Du wirst Dich selbst auch anders betrachten. Als einen Menschen, der sich nicht dafür interessiert, der Norm gerecht zu werden, fleißig seine Aufgaben zu erledigen und leistungsorientiert bis zur Rente durchzuhalten.
Besonders zu sein – oder besser, die Saat keimen zu lassen und endlich auszuleben (in den Augen der irgendwie gearteten Norm), hat Suchtpotenzial – aber im besten Sinne. Wenn Du langsam beginnst wird es sich anfühlen, als würdest Du Deiner Freiheit endlich den Raum geben, die sie verdient, die sie sehr lange nicht erhalten hat.
Unsichtbare Fesseln der Erziehung
Was Deine Passion ist, wie Dein Weg aussehen kann, das musst Du herausfinden. Ist gar nicht so leicht, wenn man lange nicht die Person ausleben konnte, die noch in einem steckt.
Stell Dir einfach mal vor, Du würdest noch immer die Dinge tun, die Du als Kind geliebt hast. Vielleicht etwas professioneller bzw. etwas ausgeprägter. Was wäre das? Gepaart mit dem Wissen von heute kannst Du möglicherweise ganz spannende Dinge erschaffen – weil es Deine Leidenschaft ist! Und nur deshalb!
Ich habe früher gerne Sachen gebaut. Nur fehlte mir oft sowohl Material als auch die nötigen Geräte. Ich habe immer gern gemalt. Aber auch hier fehlte mir immer was. Gute Farbe, Leinwände usw. Das habe ich mir dann auch irgendwie selbst gebaut. War nicht so vorzeigbar. Aber ich war für meinen Teil ganz zufrieden damit. Ansonsten hat alles nach Möglichkeit draußen stattgefunden. Das ist heute noch so. Ich brauche es so sehr, rauszugehen, um zu atmen. Alles atmet in mir wenn ich draußen bin – insbesondere meine Gedanken. Sobald die Tür zu ist fühlt es sich an, als würde ich einen Teil von mir einsperren.
Gedanken entstehen draußen. Dieser Text – und auch alles andere, was mich betrifft.
Alle reden davon, Dein Inneres Kind zu heilen. Das ist gut und wichtig!
Aber fang doch dann auch mal an, dein inneres Kind auch zu leben?! Es ist da, es will raus!
Du heilst Dein inneres Kind und hältst es weiterhin gefangen in Normen und Konventionen?
In der Kindheit werden wir von den Menschen beschützt, die uns erziehen. Im Idealfall natürlich. Nun lauern aber genau darin eben auch die Grundsteine für bestimmte Glaubenssätze.
Sicherheit, die Erziehende geben möchten kann so klingen:
„Das macht man nicht.“, „So kannst Du doch nicht aus dem Haus gehen.“, „Was sollen denn die anderen/ die Nachbarn/ die Leute denken?“ Usw.
Und es kann durchaus sein, dass man diese Dinge so oft zu hören bekommt, dass sie wie eine Mantra-Wolke künftig über Deinem Kopf schweben. Abstellen nicht einfach machbar. Es brennt sich ein. Niemand wollte Dir damit schaden, sondern eher den Schutz geben, nicht anzuecken oder Dir möglicherweise Deine Zukunft verbauen. Die indirekte Aussage ist doch: Pass Dich an, dann wirst Du gut durchs Leben kommen. Oder: Wenn Du Dich nicht anpasst, wirst Du es zu nichts bringen. Und jeder Erziehende möchte eigentlich das Beste für den Schützling.
Weiter gesponnen: Wenn Du Deinen Leidenschaften nachgehst, hast Du Glück, wenn es gesellschaftlich akzeptiert ist. Wenn nicht, bist Du verdammt, Kompromisse zu machen, also Dir Ersatz-Leidenschaften zu suchen. Ist halt nur scheiße, wenn Du die nicht findest. Dann bist Du im Kompromiss gefangen.
Und irgendwann kann es Dich einholen. Dann, wenn Du merkst, dass jeder Kompromiss halbherzig ist, Dir keine Freude macht, Du nie in einen Flow-Zustand kommst. Du merkst es erst dann, wenn Du Dich damit beschäftigst/ beschäftigen musst. Du kannst auch im Tretmühlenkäfig verbleiben und versuchen, nicht darüber nachzudenken. Dann ist es aber auch klug, nicht zu hinterfragen, warum sich irgendwie kein Gefühl von Vergnügen und Zufriedenheit einstellen wird. Denn das wird Dich unweigerlich irgendwann in die Selbstreflexion bringen.
Niemand kann’s Dir abnehmen, da musst Du selbst durch. Mit einem Coach kann es etwas zielgerichteter laufen. Deine ganz persönliche Entscheidung.
Stille Exzentrik
Welche Art von Exzentrik ist uns eher geläufig? Natürlich ist es die laute Exzentrik. Also laut im Sinne von auffällig, schrill, schräg, bunt. Modedesigner und Künstler scheuen sich nicht, ihre Exzentrik zu leben, im Gegensatz zu anderen Berufen, erfahren sie trotz oder auch wegen ihrer besonderen und individuellen Art Akzeptanz. Ungern würde ich sie aber auf auffällige Kleidung reduzieren. Denn selbst hinter einem bunten Mantel kann sich ein Mensch verbergen, der sich eher im „normalen“ Spektrum befindet – vielleicht einfach nur Lust auf Farbe hat. Anders kann auch ein nach außen eher unauffälliger Mensch jede Charakteristik von Exzentrik erfüllen.
Exzentrik hat keinen Katalog, der voll erfüllt sein muss. Es ist eben auch keine psychische Störung, wie vielleicht früher vermutet wurde – insbesondere natürlich bei exzentrischen Frauen (wie immer!). Exzentriker leiden nicht. Sie leben!
Es ist eine Art zu sein, frei und erfüllt. Und da gibt es wie überall extreme und weniger extreme Exzentriker. David Weeks & Jamie James haben das Phänomen unter die Lupe genommen. Die verschiedenen Charakteristika haben sie beschrieben, allerdings auch nicht als fixe Checkliste aufgeführt, sondern als Hinweise auf exzentrisches Verhalten. Dazu später.
Auch wenn man den Exzentrikern eher eine extrovertierte Persönlichkeit unterstellen möchte, so findet sich hier auch die introvertierte Natur wieder. Es gibt durchaus eine ausreichende Anzahl an Exzentrikern, die alleinstehend sind und eher zurückgezogen leben. (Anm: verständlich, wenn zum einen Platz für seine Projekte benötigt, in seinem Tun nicht unterbrochen werden möchte und sich dem sozialen Zwang entziehen möchte).
Exzentrik ist nicht ein einziger Phänotyp – wenn man das so sagen möchte. Das Besondere ist eben das Besondere. Und das unterliegt keinerlei Konventionen.
Haben es denn stille Exzentriker schwerer?
Nein, eigentlich nicht. Denn wenn sie bei sich angekommen sind, in ihrem Sein, in ihrer Besonderheit, in ihrer Freiheit, dann schert es sie nicht.
Aber es lässt sich durchaus vermuten, dass stille Exzentriker durch ihr „leises“ Auftreten leichter in die Falle tapsen, sich der Norm anzupassen – dann, wenn sie ihr Sein eben noch nicht entdeckt, befreit, entfaltet haben. Hier ist dann vielleicht von einer anerzogenen Schüchternheit oder Zurückhaltung die Rede – nicht Introversion.
Es ist schwer, als „leiser“ Mensch, der dem Anpassungsdruck nachgibt, seine Besonderheit zu leben. Denn der schwierigste Prozess, nach langjähriger „Unterdrückung“ ist es, sich an den eigenen Haaren aus dem Konventionssumpf zu ziehen und den Sprung in die Nonkonformität zu wagen.
Exzentriker sind meist ausgesprochen kreative Menschen. Kreativität funktioniert grundsätzlich gut, wenn Du in Deiner Leidenschaft bist. Die musst Du freilegen, um sie auszuleben.
Die Dinge, die von Kindheit an unterdrückt werden, meist noch intensiver mit Beginn der Schulzeit, sind tief verborgen.
Wächst Du frei auf, ohne zu straffe Konventionen, ist Dein Entfaltungspotential offensichtlicher.
Und dann ist da immer die Gesellschaft. Genau jene, die Dir den „richtigen“ oder den „normalen“ Weg nachhaltig eingetrichtert hat.
Ich glaube, es ist wichtig zu verstehen, dass man sich nicht gegen eine Gesellschaft stellen muss, um seine Individualität zu leben. Man darf es auch als Dienst an der Gesellschaft sehen, die ohne jede Exzentrik (m)ausgraut und einschläft. Die Gesellschaft braucht das doch irgendwie.
Viele Exzentriker sind idealistisch. Die Welt verbessern, Menschen glücklich machen. Welche Gesellschaft soll da Einwände haben? Die Einwände haben meist wir selbst. Wir trauen der Gesellschaft wenig zu und uns selbst trauen wir auch nicht.
Ja, es gehört Mut dazu. Und dann ist es immer etwas leichter. Die guten Gefühle überwiegen.
Es ist eine Aktivierungsenergie, die erstmal aufgebracht werden muss.
Wie zeigt sich Exzentrik?
Gem. der Autoren Weeks/ James liegt die Häufigkeit der Exzentrik bei 1:10.000 Menschen.
Wer sich näher mit der Historie und mit der speziellen Untersuchung der Exzentrik beschäftigen mag, dem lege ich das Buch sehr ans Herz. Spannende Einblicke in die Vergangenheit und in die Erscheinungsformen verschiedenster Exzentriker – begonnen bei Northon I. Kaiser von Amerika.
Eines habe ich in diesem Buch besonders wertgeschätzt. Und es zeigt sich bereits im Cover.
Der Untertitel: „Über das Vergnügen, anders zu sein“ und der Text auf der Buchrückseite: (…) Es lohnt sich, exzentrisch zu sein.“ vermitteln dem Leser diese positive und aufgeschlossene Herangehensweise an das Thema. Keine Versuche der Abwertung oder des Infragestellens der interviewten Personen, sondern ein lebendiges vorstellen von Menschen mit ganz besonderen Leidenschaften.
Das soll keine Werbung sein, aber ich hab’s einfach sehr gerne gelesen!
Auch haben sie eine Auswahl an Charakteristika festgelegt, die auftreten können, aber nicht müssen. Die fünf häufigsten seien hier genannt:
- Unangepasst
- Kreativ
- Stark durch Neugier motiviert
- Idealistisch, mit dem Anspruch, die Welt zu verbessern und die Menschen glücklicher zu machen
- Betreibt beglückt ein oder mehrere Steckenpferde
Weitere: Ist sich von klein auf des Andersseins bewusst, Intelligent, Eigensinnig und freimütig; überzeugt, selbst richtig zu liegen und dass der Rest der Welt aus dem Tritt geraten ist; Ohne Konkurrenzstreben, ohne Verlangen nach Anerkennung oder Bestätigung durch die Gesellschaft; Ungewöhnliche Essgewohnheiten und Lebensführung; Nicht sonderlich interessiert an den Ansichten oder der Gesellschaft anderer, ausgenommen zu dem Zweck, diese vom eigenen – richtigen – Standpunkt zu überzeugen; Ausgestattet mit einem schelmischen Sinn für Humor; Alleinstehend; Gewöhnlich das älteste Kind/ das einzige Kind; Fehlerhafte Rechtschreibung
(Quelle: Exzentriker. David Weeks & Jamie James)
In mir schlummert was – aber soll ich den Geist aus der Flasche lassen?
Ja! Los!
Du musst Dich nicht gleich zum Kaiser deklarieren – es sei denn Du möchtest das.
Aber geh dem auf den Grund. Vielleicht hast Du auch einfach nur eine besonders kreative Ader, die Du nicht ausleben kannst oder hast einen Hang zu was auch immer. Dann teste Dich aus. Das gibt Dir im schlimmsten Fall einfach etwas Freiraum für Dich.
Sich auszudrücken ist ein Bedürfnis. Aber nicht jeder Mensch ist gemacht für die Bühne. Und das ist ok. Es gibt so viele Wege, sich auszudrücken. Du darfst Deinen ganz besonderen Weg finden.
Wenn Du Unterstützung suchst, um Dein freies, freidenkendes oder gar exzentrisches Ich zu finden, begebe ich mich mit Dir auf die Suche.
Was dabei rauskommt? Das wissen wir nicht.
Lass Dich unbedingt von Deiner Neugier tragen.
Und hab ganz viel Freude daran!!!
Falls wir zusammen an Deiner inneren Freiheit arbeiten wollen, dann schau mal hier:

